Rassistischer Putsch in Bolivien
In Bolivien, dem südamerikanischen Land mit der historisch längsten Liste von Staatsstreichen, ist der erste indigene Präsident, Evo Morales, durch Gehorsamsverweigerung von Polizeieinheiten und der Militärführung auf kalte Art seines Amtes enthoben worden.
Rechte und rechtsextreme Horden terrorisieren Menschen und drohen mit weiterer Gewalt. Die Botschaften Kubas und Venezuelas werden – wie beim Putsch in Venezuela 2002 – von Schlägern attackiert; auch die bolivianische Botschaft in Berlin wird von rechten Gruppen belagert.
Evo Morales‘ Rücktritt stellt den Versuch dar, eine massive Gewaltwelle gegen seine Regierungsmannschaft, gegen seine Partei, gegen die indigene Bewegung, die ihn bei Wahlen mehrfach in das Amt gebracht hatte, und gegen die demokratischen Kräfte der Völker Boliviens zu verhindern.
Die Rechte des Kontinents wittert Morgenluft und erhöht den Druck auf Nicaragua, Kuba und Venezuela.
Nach dem Vorbild Juan Guaidós in Venezuela erklärte sich auch in La Paz die erzkonservative Jeanine Añez selbst zur „Übergangspräsidentin“. Die USA und Brasilien erkannten sie und damit den Verfassungsbruch sofort an.
Das deutsche Außenministerium stellt sich seit Amtsantritt von Heiko Maas zuverlässig auf die Seite von rechtsextremen Putschisten wie in Venezuela und Antidemokraten wie in Brasilien, der Ukraine, Saudi-Arabien oder Kolumbien.
Infolgedessen agiert Maas und sein Ministerium konsequent gegen die Demokratie und vermag daher in Bolivien keine nennenswerten Probleme erkennen.
Es unterstützt dort jede Regierung, die Deutschland Zugang zu den für die Elektroautomobilität unabdingbaren Lithiumressourcen Boliviens verschafft – genau das hatte auf Druck indigener Völker zuletzt infrage gestanden.
Die Entlassung von Außenminister Maas ist überfällig.
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Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele nimmt am Samstag an einer antiimperialistischen Manifestation in Caracas teil.
Die Deutsche Kommunistische Partei wirbt hier wie dort für den Zusammenschluss all jener Kräfte, die dem Imperialismus, der mehr und mehr sein altes kolonialistisches Gebaren zeigt, die Interessen der Mehrheiten entgegenstellen.
Die fortschrittlichen Kräfte in Bolivien gehören dazu. Ihnen gehört unsere Solidarität. Sie werden sich ihren Wahlsieg nicht nehmen lassen.
Essen, den 14. November 2019
Ausschreitungen in mehreren Städten – Morales nach Mexiko ausgeflogen
In Bolivien herrscht ungeschminkter Klassenkampf zwischen der mehrheitlich indigenen Landbevölkerung und der ihre Abstammung auf europäische Kolonialherren und Einwanderer zurückführenden Ober- und „Mittelschicht“.
Der gewaltsame Sturz des gewählten Präsidenten Evo Morales am vergangenen Wochenende hat die institutionellen Regeln zerrissen, die – zumindest seit dem Amtsantritt des ersten indigenen Präsidenten des südamerikanischen Landes im Jahr 2006 – den rassistischen Hass der „Weißen“ gegen die „Indios“ eindämmen konnten.
Mit dessen von Polizei und Militär erzwungenem Rücktritt am 10. November gilt das nicht mehr – wie auch die ungehinderten Angriffe militanter Rechter auf linke Rundfunk- und Fernsehstationen, Politiker der Regierungspartei MAS und deren Angehörige und auf die Botschaft Venezuelas in La Paz zeigten.
Auslöser des Staatsstreichs war die Wahl vom 20. Oktober, die Morales dem offiziellen Ergebnis zufolge mit 47,08 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Da der Zweitplatzierte, der konservative Carlos Mesa, mit 36,51 Prozent mehr als zehn Punkte hinter dem Führenden lag, war Morales damit im ersten Wahlgang gewählt.
Die Opposition nutzte jedoch den Umstand, dass der Vorsprung des Amtsinhabers bei Zwischenergebnissen geringer gewesen war, um von Betrug zu sprechen und zu Protesten gegen das Wahlergebnis aufzurufen. Schon damals wiesen die Wahlbehörde TSE und Beobachter allerdings darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt noch mehr als eine Million Stimmen aus den ländlichen Regionen nicht in das Ergebnis eingeflossen waren.
Auf dem Land und in den Bergbauregionen verfügen Morales und seine „Bewegung zum Sozialismus“ (MAS) jedoch über ihre absoluten Hochburgen.Trotzdem behauptet inzwischen auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), dass der von Morales auf den letzten Metern erreichte Vorsprung „statistisch unmöglich“ gewesen sei. Die Indígenas Boliviens verstehen das als Signal: Wie früher sollen sie von den weißen Machthabern ignoriert und ausgegrenzt werden, ihre Stimmen sollen nicht zählen.
Dagegen sind Anfang der Woche tausende Menschen auf die Straße gegangen. Vor allem in den beiden Nachbarstädten El Alto und La Paz – wo sich die Regierungsgebäude befinden – kam es zu Ausschreitungen. Die Wut der Demonstranten richtete sich nicht nur gegen die politischen Putschisten, sondern auch gegen die Polizei, deren Rebellion gegen die legitime Regierung den Staatsstreich erst möglich gemacht hatte.
Nachdem im Internet Bilder kursierten, wie Polizisten die indigene Wiphala – neben der rot-gelb-grünen Trikolore die Staatsflagge Boliviens – von ihren Gebäuden einholten, aus den Abzeichen ihrer Uniformen herausschnitten oder sogar verbrannten, griffen die Demonstranten Polizeifahrzeuge und -wachen an.
Obwohl Morales seine Anhänger wiederholt zur Gewaltlosigkeit aufrief, ist der Geduldsfaden bei vielen Menschen gerissen. Sie skandierten:
Bolivien: „Ahora sí – Guerra Civil“ (Jetzt aber: Bürgerkrieg).
Das Militär, das sich Tage zuvor nicht den gegen Morales rebellierenden Polizisten entgegenstellen wollte, kündigte daraufhin an, gemeinsam mit der Polizei gegen die Protestierenden vorzugehen und auch Gewalt einzusetzen. Spätestens jetzt zeigte sich die wahre Fratze eines Militärputsches, dessen Existenz die deutsche Bundesregierung, die Europäische Union und die US-Regierung einfach leugnen.
Im Gegensatz dazu haben zahlreiche Länder Lateinamerikas den Staatsstreich entschieden verurteilt. Kuba, Venezuela und Nicaragua gehörten zu den ersten, die unzweideutig ihre Solidarität mit Evo Morales erklärten. Auch Uruguay und Mexiko verurteilten den Putsch.
Die mexikanische Regierung gewährte Morales Asyl und holte ihn in der Nacht zum Dienstag mit einem Militärflugzeug aus Bolivien ab, um ihn in Sicherheit zu bringen. Scharfe Worte gegen die Putschisten fanden auch der gerade erst aus dem Gefängnis entlassene frühere brasilianische Präsident Luiz Ignácio Lula da Silva und der neugewählte Präsident Argentiniens, Alberto Fernández.
Jubel herrschte dagegen bei der Rechten auf dem Kontinent. In Venezuela erklärte der selbsternannte „Übergangspräsident“ Juan Guaidó, es wehe „nicht nur eine Brise der Freiheit, sondern ein starker Wind“ durch Südamerika. Er rief seine Anhänger für diesen Samstag, 16. November, zu Großdemonstrationen und zum Sturz des rechtmäßigen Präsidenten Nicolás Maduro auf.
Auf Youtube: „Ahora sí – Guerra Civil“ (Jetzt aber: Bürgerkrieg):
http://blog.unsere-zeit.de/?p=2931
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