Giovanni Maio: „Ärzte werden erzogen, die Patienten zu behandeln, welche viel Geld bringen.“ – Profite pflegen keine Menschen
(Aus der hier verlinkten gemeinsamen Münchner Betriebszeitung „Auf Draht“ von DKP und KAZ)
Wir, ob Arbeiter oder Angestellte, bezahlen inzwischen doppelt und dreifach, um für uns alle für den Krankheitsfall vorzusorgen: Mit unseren Steuern, den Krankenkassenbeiträgen, die vom Lohn abgezogen werden, und zusätzlichen Eigenbeteiligungen. Doch die medizinische Versorgung wird nicht besser, sondern eher schlechter.
Seit Jahrzehnten zieht sich der Staat aus der Finanzierung der Krankenhäuser zurück. Kliniken werden geschlossen, andere privatisiert. Gesundheit und medizinische Versorgung, Aufgaben der gesellschaftlichen Daseinsfürsorge, werden so immer mehr der Marktlogik und dem Profitstreben des Kapitals unterworfen.
Ärzte werden erzogen, die Patienten zu behandeln, welche viel Geld bringen“, so fasste der Ethikprofessor Giovanni Maio in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk die Entwicklungen unseres Gesundheitssystems zusammen. Die Kliniken und Ärzte würden einem ökonomischen Diktat unterliegen und könnten nicht bedarfsorientiert (be)handeln. Gesundheit wird zur Ware.
Gesundheit als Ware
Denn Privatisierung auch unserer Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen (die ambulante Versorgung war in Form der niedergelassenen Ärzte schon immer privatisiert) bedeutet, dass die Eigentümer der Kliniken so viel Profit wie irgend möglich erzielen wollen.
Dieses Profitstreben steht in unmittelbarem Gegensatz zum Interesse der in den Krankenhäusern arbeitenden Kolleginnen und Kollegen, der Kranken, also der Arbeiterklasse insgesamt. Diese hat ein Interesse an einer möglichst guten gesundheitlichen Versorgung aller, wobei die Gesundheit des Einzelnen im Vordergrund steht.
Verschärft wurde diese Situation noch durch die Einführung der Fallpauschalen. Fallpauschalen bedeuten, dass für jede einzelne Diagnose ein festgelegter Betrag für die Behandlung mit den Krankenkassen abgerechnet werden kann.
Dies führte, auch in städtischen Krankenhäusern, zu einer Veränderung des Fokus bei der Behandlung von Patienten und Patientinnen. Statt der Frage, was bei jedem einzelnen medizinisch notwendig ist, entscheidet immer öfter die Frage „Ist diese Behandlung rentabel?“ darüber, ob diese durchgeführt wird.
Mehr von euch ist besser für alle
Um „rentabel“ zu arbeiten und die Profite weiter zu steigern, wurden innerhalb der letzten 20 Jahre in Deutschland allein im Gesundheitssystem mehr als 30.000 Vollzeitstellen abgebaut. In der gleichen Zeit stieg die Belastung der Pflegekräfte um etwa ein Drittel an. Bereits 2013 stellte die Gewerkschaft Verdi fest, dass allein in der Pflege 70.000 Vollzeitstellen fehlen.
Aufgrund der hohen Belastung und der fehlenden Kolleginnen und Kollegen ist oft selbst für das Lebensnotwendige keine Zeit. Es passieren Fehler. So schätzt das Aktionsbündnis Patientensicherheit, dass in 0,1 Prozent der Krankenhausfälle die Patienten durch vermeidbare Fehler sterben. Bei 19,2 Millionen Behandlungen allein im Jahr 2015 sind dies etwa 19.200 Menschen.
Doch es regt sich Widerstand.
„Die gravierenden Unterbesetzungen auf den Stationen bedeuten für die Beschäftigten eine weiterhin unveränderte Überlastung, die dringender Abhilfe bedarf und wozu wir Beschäftigte auch bereit sind zu kämpfen, teilten die Kolleginnen und Kollegen der gewerkschaftlichen Betriebsgruppe Amperkliniken mit. Die Situation ist so zugespitzt, dass die zentrale Forderung der Kolleginnen und Kollegen nicht eine bitter nötige Lohnerhöhung oder gar eine Arbeitszeitverkürzung ist.
Ihnen geht es in erster Linie darum, mehr Kolleginnen und Kollegen zu bekommen, um überhaupt eine Behandlung im Interesse der Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können.
Die Frage: „Wie wollen wir als Kranke und Alte versorgt werden?“ stellt sich uns allen. Zeigen wir uns solidarisch und unterstützen wir die Kolleginnen und Kollegen in ihrem Kampf. – nste –
=> Zur Seite des Betriebsaktivs München, den Machern der Betriebszeitung „Auf Draht“
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