NATO führt Krieg – die Linke regiert?
Darüber diskutierten auf dem Podium der XXII. Rosa-Luxemburg-Konferenz:
Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei „Die Linke“, – Aitak Barani, Zusammen e. V., – Ellen Brombacher, Kommunistische Plattform in der Partei „Die Linke“ und: – Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP –
(Moderation: Stefan Huth, Chefredakteur junge Welt).
Auszüge aus den Redebeiträgen des Podiums kann man/frau hier nachlesen:
http://www.jungewelt.de/2017/01-16/061.php
Als Beispiel dafür zwei der Diskussionsbeiträge vom Genossen Patrik Köbele und der Genossin Aitak Barani:
Patrik Köbele:
Meine größte Kritik an der Linkspartei ist die, dass sie sich im Rahmen der Debatte um Regierungsbeteiligung die Frage, in welchem Land wir leben, nie konsequent gestellt hat. Wir leben in einem Land, das Krieg führt. Wir leben in einem Land, das es geschafft hat, sich selbst zu einem Niedriglohnland im Verhältnis zu seiner Produktivität zu machen, und das derzeit die EU bzw. den Euro als schärfste Waffe einsetzt, um die Peripherie dieser EU auszubluten, auch um sich damit Spielräume für die Bestechung kleiner Teile der hiesigen Arbeiterklasse zu verschaffen. Wir sollten nicht vergessen, dass diese beiden Punkte – Kriege führen und sich zum Niedriglohnland machen – uns einmal unter dem Stichwort Politikwechsel verkauft wurden. Das kam dadurch zustande, dass die herrschende Klasse gesagt hat, wir übertragen die Führungsgeschäfte des Staates jetzt einer SPD-Grünen-Koalition, die uns den Weg für Angriffskriege freimacht und die uns die Agenda 2010 beschert hat. Man sollte die herrschende Klasse nicht für doof halten. Sie hat das gemacht, weil die Einbindung von Kräften in die Verwaltung der Staatsmacht dazu dient, Widerstand zu lähmen. Das könnte die herrschende Klasse auch veranlassen, die Linkspartei einzubinden.
In Leute wie dich, Bernd, setze ich meine Hoffnung, weil ich weiß, dass du aus der Tradition des gewerkschaftlichen Massenkampfs kommst. Ich weiß aber auch, weil ich es schon selbst erlebt habe, dass zum Beispiel eure Kommunalpolitiker ganz oft dazu neigen zu sagen: Nein, da können wir doch jetzt keine Fundamentalopposition machen. Wenn wir kleinen Erhöhungen von Gebühren für die Massen zustimmen, können wir uns doch vielleicht in der nächsten Runde mit der SPD auf sonst irgend etwas einigen.
Mir fällt außerdem auf, dass die NATO-Frage immer seltener aufgeworfen wird. Und, liebe Freundinnen und Freunde und auch du, lieber Bernd Riexinger, das wäre ein tatsächlicher Tabubruch. Aber euer Bundesschatzmeister hat ja nach dem letzten Gespräch der drei Parlamentariergruppen gesagt: Na ja, das mit der NATO steht zwar bei uns im Programm, aber das muss ja nicht in einem Regierungsprogramm stehen. Und an diesem Punkt wird sogar eure innerparteiliche Demokratie ausgehebelt. Da habe ich tatsächlich Sorgen auch um deine Standfestigkeit. In deinem Beitrag konnte ich erhebliche Illusionen bei der Frage herauslesen, was denn dieser Staat ist. Dieser Staat ist zunächst ein kapitalistischer Klassenstaat. Es gibt eine herrschende Klasse und eine beherrschte Klasse. Ja, es gibt eine parlamentarische Form seiner Verwaltung, aber diese parlamentarische Form hat vor allem auch die Aufgabe, bestimmte Kräfte einzubinden. Es wird stark daran gearbeitet, und ich fürchte, ihr habt zu viele, die darauf warten, dass auch sie eingebunden werden.
Aitak Barani:
Also Bernd, du sagst, dass SPD und Grüne gar keine linken Parteien sind. Dann verstehe ich aber nicht, dass du ganz eindeutig und klar formulierst, mit diesen Verbrecherparteien können wir nicht an einem Tisch sitzen, und gleichzeitig aber sagst, wir können es doch. Wir können euch nicht an den Worten messen, die im Wahlkampf fallen. Wir müssen euch an euren Taten messen. Und dann fange ich mal mit dem Thema Umverteilung an, mit der Umverteilung von Geldern. Gerade hat die »rot-rot-grüne« Regierung im Land Berlin beschlossen, dass 45 Millionen Euro für die Polizei ausgegeben werden. Vielen Dank! Wir werden dann Megaladungen an Pfefferspray abbekommen, weil wir gegen die Faschos auf die Straße gehen.
Das verstehe ich nicht unter einer linken Umverteilungspolitik. Das ist das eine. Dann redest du von der Friedenspolitik der Linkspartei. Entschuldigung, Bodo Ramelow hat im Juli 2016 gesagt: Wir wollen das mit der NATO mal nicht mehr so dogmatisch sehen. Was meint er damit?
Man sollte sich die Linkspartei genau angucken. Sie hat hier in Berlin bereits schon einmal mitregiert. Was hat sie da getan? Sie hat Zehntausende Sozialwohnungen privatisiert. Die Linke hat es mitgetragen, dass Berlin aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen ist. Das hat dazu geführt, dass die Leute acht bis zwölf Prozent weniger Lohn bekommen. Es war die Rede von den Massenprotesten 2004. Die Leute sind auf die Straße gegangen gegen die rote-grüne Politik, gegen die Hartz-Gesetze. Was ist davon übriggeblieben? Zwar hat die Linkspartei die Demonstrationen mit organisiert, aber im Endeffekt hat sie die Proteste in die Passivität getrieben. Wie? Indem man Stellvertreterpolitik angeboten hat, anstatt zu erklären, wie sich die Leute auf der Straße für die nächsten Kämpfe organisieren können. Sie hat das gemacht, anstatt die Kämpfe voranzutreiben, in einem Moment, als der DGB mit Michael Sommer an der Spitze die Proteste gestoppt hat. Er hat damals von »Denkpause« gesprochen. Das war aber keine Denkpause, das hieß: Jetzt ist mal Schluss mit dem Demonstrieren!
Wenn ihr vorhabt, tatsächlich mitzuregieren, so wie ihr schon mitregiert habt, dann ist das eine Kampfansage gegen die Basis und eine Kampfansage gegen die Lohnabhängigen in diesem Land. Und wir müssten uns gut aufstellen, wenn wir das, war ihr vorhabt, abwehren wollen. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Menschen in diesem Land, vor allem die Arbeiterklasse, auf ihre eigene Macht besinnen und das nicht abgeben an jemanden, der sagt, wir machen das schon für euch. Was ist unsere Macht? Es ist unsere Streikmacht. Es ist das einzige, das wir haben.
(Aus der Podiumsdiskussion: NATO führt Krieg – die Linke regiert?)